Hello IOS Loop

von Saskia Leonhardt

Her mit dem schönen Leben. Diese Worte treffen es genau auf den Punkt, wenn wir beginnen über ein selbstgebasteltes (DIY) Closed Loop System zu reden. Bevor es aber los geht, noch ein paar Worte zur Sicherheit: Das bauen eines DIY Loops ist offiziell nicht erlaubt oder als Diabetestherapie zugelassen. Jeder der sich damit beschäftigt begibt sich in eine Grauzone und handelt in eigener Verantwortung. 

IOS Loop mit der MiniMed Veo von Medtronic

Anfang des Jahres, als nach 3 Wochen Wartezeit mein Rileylink aus den USA angekommen war, habe ich meinen Loop geschlossen. Ich trage nun also meinen Dexcom G6 der meine Glucosewerte kontinuierlich an mein Handy übermittelt, die MiniMed Veo mit 1.8ml Reservoiren und den Rileylink, der die Kommunikation zwischen meinem IPhone und der Pumpe herstellt. All meine Daten laufen zusammen in einer selbstprogrammierten App, die sich nur mit einem Macbook und einem Apple Developer Account für Entwickler, auf dem IPhone installieren lässt. Et voilà – geschlossener Loop!

Nein, natürlich ist es nicht so einfach. Ein gewisses Verständnis um all diese Komponenten zu installieren/ koppeln, ist Grundvoraussetzung und auch für die weitere Nutzung notwendig. Schließlich muss man verstehen, welche Entscheidungen man der Loop überlässt, wie das System funktioniert und auch wie man alltägliche Probleme, bei der vielen Technik behebt. Es macht also absolut keinen Sinn, sich den Loop von jemand anderen bauen zu lassen, wenn man das System zu seinem eigenen Vorteil nutzen möchte. 

Natürlich, ein bisschen Hilfe erlaubt. Entscheidend ist nur, dass man sich weiterhin damit beschäftigt und nicht in dem irrtümlichen Glauben bleibt, dass das Loop System alles alleine regelt.  Meine größte Unterstützung war Sascha, der mir nicht nur beim Start geholfen hat, sondern auch Eigentümer meiner loopfähigen Veo ist. Leider ist der Vertrieb dieser Pumpe von Medtronic eingestellt worden und seitdem alle Veos mit der entsprechenenden Software, heiß begehrt. 

Looping Anleitung
Bei Sascha findet ihr auch auf alle grundlegenden Fragen eine Antwort. Welche Software braucht die Pumpe? Was muss ich installieren? Jeder der für sich selbst die Entscheidung getroffen hat, sich ein IOS Loop System bauen zu wollen kann sich hier umfangreich darüber informieren. Nur nicht vergessen: Alles auf eigene Verantwortung!

DIY CLOSED LOOP SYSTEM

Wie funktioniert das und was passiert da überhaupt?

Bei einem geschlossenen Loop, wird auf Basis der übermittelten Glucosewerte kontinuierlich die Insulindosis angepasst. Automatisch wird also bei fallenden Werten Insulin von der Basalrate reduziert und bei steigenden Werten hinzugefügt. Alle 30 Minuten trifft die Loop eine Entscheidung bei der verschiedene Faktoren berücksichtigt werden.

  • aktueller Glucosewert
  • wirkendes Insulin
  • Kohlenhydrate / Wirkung der Kohlenhydrate (selbst einstellbar für jede Mahlzeit)
  • KE-Faktor
  • Korrektur-Faktor

In den Einstellung der App müssen alle Angaben nahezu perfekt stimmen, damit die Loop auch „perfekte“ Entscheidungen treffen kann. Man muss sich also viel Zeit dafür nehmen, seine Basalrate genau zu bestimmen sowie die KE- und Korrektur-Faktoren. Ohne diese individuellen Vorgaben kann die Loop nicht zum Vorteil des Anwenders entscheiden. Erst mal ist es also viel Arbeit, bis man tatsächlich auch Erfolge durch ein Closed Loop System erzielen kann.

Ansicht und erforderliche Eingaben

Oben links sieht man den grünen, geschlossenen Kreis, der aussagt, dass alles läuft und miteinander verbunden ist. Wenn mein Handy oder der Rileylink z.B. außerhalb der Reichweite ist würde der Kreis mit der Zeit gelb und anschließend rot werden. Die Zeitangabe sagt dann aus, wann die Verbindung zuletzt stattgefunden hat.

Daneben sieht man meinen aktuellen Glucosewert: 130mg/dl gleichbleiben zuletzt übermittelt vom Dexcom G6 um 17:57 Uhr. Im Falle eines länger anhaltenden Signalverlustes sieht man neben dem Wert ein kleines Ausrufungszeichen und die Auswirkung auf den Kreis (gelb, rot), wenn der Loop sich nicht mehr schließen kann ohne CGM-Wert.

In der Mitte ist orangefarbend die (auf dem Bild) Erhöhung der Basalrate dargestellt. Zusätzlich zu meiner Basalrate kommen also noch 0,825 IE hinzu, damit ich den prophezeiten Glucosewert von 130mg/dl (Voraussichtlich 130mg/dl) erreiche.

Das graue Insulinfläschchen zeigt den Füllstand meines Reservoirs. Ab 40 verbleibenden Resteinheiten wird das Fläschchen gelb angezeigt. Anschließend rot.

Das letzte Zeichen in der Reihe ist der Batteriestand meiner Insulinpumpe. Eine volle Batterie wäre grau, mittel (im Bild zu sehen) gelb und eine leere Batterie wird in rot angezeigt.

Eingabefelder

Links kann man Kohlenhydrate hinzufügen. Ein süßes Emoji als Nahrungsmittel auswählen und die Dauer der Wirkung einstellen. Nach der Bestätigung wird sofort auch ein Bolus, unter Berücksichtigung des Glucosewertes und des aktiven Insulins, vorgeschlagen.

Daneben, das zweite Essens-Symbol meint ein SEA (Spritz-Ess-Abstand). Dieses Feld kann man vor dem Essen anklicken und der Zielwert wird runtergesetzt. So bekommt man schon vor dem Essen etwas mehr Insulin an Board, um einen SEA vorzutäuschen.

Hier das Symbol um einen einfachen Bolus einzugeben. Jeder Bolus muss durch den Sperrcode/Touch bestätigt werden. Es ist also nahezu nicht möglich, sich aus Versehen Insulin zu geben.

Bei Aktivierung von diesem Zeichen wird sozusagen der Sportmodus angeschaltet. Der Zielbereich wird hochgesetzt, in einem zuvor selbst definierten Grenzbereich. Ich schalte es meistens schon eine halbe oder sogar ganze Stunde eher an, damit ich bei einem etwas höheren Ausgangswert mit dem Sport beginnen kann.

Weitere Screenshots


Eingabe von Kohlenhydraten und Absorbtionszeit | eingeschalteter SEA Modus (Zielbereich herabgesetzt) | eingeschalteter Sportmodus (Zielwert höher)

Loopen im Alltag

eine künstliche Bauchspeicheldrüse, die einem alles abnimmt?

Nein, eben genau das ist es nicht. Natürlich genieße ich verschiedene Vorteile durch den Loop, aber mein Diabetes versorgt sich dennoch nicht alleine. Ich würde behaupten, dass ich auch nicht weniger Aufwand habe, sondern nur einen anderen Aufwand betreibe. Der sich aber lohnt für die Zeit, die ich im Zielbereich bin. Hier muss jeder für sich selbst entscheiden, ob der Loop für die eigene Therapie einen Vorteil bringt. Klar, ist es ein spannendes Thema, aber definitiv nicht für jeden das Richtige.

Meine persönlichen Vorteile:

mein Wert nach dem Aufstehen ist (fast) immer im Zielbereich. Zuvor habe ich morgens immer als erstes auf mein Handy geschaut um meinen Wert zu checken und evtl. zu korrigieren. Mittlerweile schaue ich morgens das erste Mal auf das Handy, wenn ich die Kohlenhydrate für meinen Kaffee eingebe und ich liebe diesen guten Start in den Tag. Wenn ich zurückdenke an die Zeit, wo ich mit dem Dawn-Phänomen gekämpft habe… ist das Gefühl der guten Werte am Morgen unersetzbar.

durch den Sportmodus spare ich mir die Sport-KE’s und muss nicht alle paar Minuten auf meinen Wert schauen und den Trendpfeil beobachten. Ich fühle mich dadurch sicherer und vor allem freier beim Training. Cardiotraining hat mich zuvor immer in eine Unterzuckerung gebracht. Krafttraining sorgte dann für nächtliche Hypos. Mit dem Loop kann ich das alles so regulieren, dass ich keine zusätzlichen Kohlenhydrate brauche, die mich sonst auch immer demotiviert haben. Wer macht schon gerne Sport um nachts den Kühlschrank zu plündern?

Vor dem Essen einfach den SEA-Modus aktivieren und postbrandiale hohe Werte minimieren. Das macht Spaß, weil es funktioniert. Ganz ehrlich? Zuvor hatte ich nie Lust darauf und Essen kalt werden lassen, nur um einen SEA (Spritz-Ess-Abstand) einzuhalten – nein, danke. Jetzt drücke ich nur das Knöpfchen und habe schon vor dem Essen Insulin an Board. Ich nutze das gerne zum Frühstück/Brunch oder zuletzt bei dem Diabetestreffen in Bochum. Da waren wir im Mongos und haben ein All You Can Eat Buffet gewählt.

Ich schaue manchmal einfach nicht hin. Alles was ich unter 2 KE zu mir nehme, kann die Loop abfangen. Ein Latte Macchiato mit Keks – macht die Loop schon. Das ist natürlich keine Empfehlung, aber ihr wisst in der Praxis sieht das Diabetesmanagement manchmal so aus. Da ist die einfach Loop toll, denn sie regelt es, wenn ich keine Lust habe hinzugucken. 

Keine FPE (Fett- und Proteineinheiten) berechnen. Ihr kennt das: Nach hinten ausgehend, kann so eine Pizza einem einfach die Laune verderben. Wenn man aber die Pizza mit der entsprechenden Absorbtionszeit eingibt, übernimmt die Loop, die noch wirkenden FPE’s. 

Flexibler und freier

Insgesamt fühle ich mich durch meine Loop freier und flexibler. Ich habe die Möglichkeit, durch den selben Aufwand wie vorher, bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Loop übernimmt Rechnungen und Entscheidungen, für die ich alle 30 Minuten im Alltag gar keine Zeit hätte. Seit Januar verbessert sich zudem stetig mein HbA1c, was mir wiederum auch Freude bereitet am Ball zu bleiben. Ich beschäftige mich nicht weniger mit meinem Diabetes, sondern sogar noch intensiver als zuvor. Der Unterschied ist nur das positive Feedback in Form von den Werten und das was ich als gesundheitliches Empfinden von meinem Körper wahrnehme.

Nachteile durch den Loop

Jetzt kommen wir zu dem Part, der bei den Postings mit den gerade Kurven verschwiegen wird. Die Nachteile. Für mich an erster Stelle, die MiniMed Veo. Im Gegensatz zu meiner Pia, eine absolute Verschlechterung. Abgesehen von dem hässlichen blau und davon, dass sie optisch sowie bei der Größe und dem Gewicht, nicht mit der Ypsopump mithalten kann, nervt mich das befüllen der Reservoire und die für mich nicht funktionierenden Katheter von Medtronic. Ständig ärgere ich mich über abgeknickte Katheter und positive Einstichstellen. Ein absoluter Nachteil für mich.

Technik, Akku, Ladekabel? Alles parat. Immer. Vergesse ich einmal den Rileylink zu laden, fällt mir die Loop im Laufe des folgendes Tages aus. Mein Handyakku hält bei meiner Benutzung (WhatsApp, Instagram, Facebook, Spotify) so gerade eben bis zum Abend. Wenn überhaupt. Ich habe also nicht nur mein Nachtschrank mit Ladekabel ausgestattet sondern zusätzlich auch mein Auto, damit ich auch unterwegs immer auf der sicheren Seite bin. Die kontinuierlichen Verbindungen schlauchen nämlich ganz schön.

Der Rileylink am Körper. Ein zusätzliches Gerät, welches immer in Reichweite sein will. Zuvor habe ich immer meine Pia an den BH geklippt, mittlerweile stecke ich dort den Rileylink an und packe die Veo in die Hosentasche oder auf die andere Seite in den BH rein. Zudem klebt irgendwo noch mein Dexcom G6 und zwei kleine Runde Pflaster für den Katheter, da ich aktuell nur noch Stahlkatheter nutze. Ziemlich viel was ich so an mir trage und wodurch immer wieder auch meine Kurven beeinflusst werden.

Die prozentuale Erhöhung/Senkung der Basalrate ist nicht mehr möglich. Diese Funktion fällt komplett weg und man kann sie nur durch Tricks herbei führen. Vermissen tue ich das z.B. im Zusammenhang mit meiner Periode, wo ich anfangs immer etwas mehr Insulin brauche oder zuletzt, wo ich euch von den positiven Ketonen erzählt habe. In solchen Fällen muss man auf die Basics zurückgreifen und einfach mitdenken. Hier kann es sogar gefährlich werden, wenn man davon ausgeht, dass die Loop das übernehmen würde.

Alles muss eingegeben werden! Alles. Wenn man beispielsweise nur einen Bolus gibt und keine Kohlenhydrate einträgt, rechnet die Loop einen falschen, zu niedrigen Blutzuckerwert aus und reduziert die Basalrate. Was ja kontraproduktiv ist, wenn man Kohlenhydrate gegessen hat. Die Loop muss also alles wissen, um damit ihre Berechnungen und Entscheidungen treffen zu können. Vergisst man was, geht die Rechnung nach hinten los.

Rileylink | Pumpentasche: Ypsopump, PZN: 11668095

Looooove Looping

Ja! Ich loope gerne und für mich persönlich überwiegen die Vorteile, durch diese Art von Therapie. Insbesondere meine Werte morgens und mein gesundheitlichen Wohlbefinden sowie die gewonnene Lebensqualität, sind dabei für mich entscheidend. Zudem beschäftige ich mich gerne mit meinem Diabetes. Eine Aussage, die ich zuvor nie getroffen hätte, aber auch die emotionale Veränderung, die ich seit Januar durchlaufe, stärkt mich stetig.

Meine Meinung lässt sich aber nicht auf andere übertragen. Nicht für jeden stellt der Loop einen Mehrwert da und diese Entscheidung muss man wirklich nur für sich selbst treffen. Ich hoffe also euch durch diesen Beitrag einen guten Einblick in das Thema gegeben zu haben oder euch bei der eigenen Entscheidungsfindung unterstützen zu können.

Fragen?

Ich freue mich natürlich über eure Kommentare und Gedanken zu dem Thema und beantworte auch gerne noch aufkommenden Fragen. Ich möchte aber keine Fragen zu der Installation und meinen persönlichen Einstellungen der Loop beantworten. Meine Ziele sind ja nicht gleich auch eure Ziele.

1 Kommentar

Robert Henke 21. Juni 2019 - 7:39 am

Hallo Saskia,

Ich freue mich, so eine gute Beschreibung von Loop zu lesen. Ich benutze auch Veo mit Dexcom und einem geborgten iPhone 7 Plus und Loop, das dann vom Akku besser durchhält, nachdem ich mit meinem iPhone 6 jede Lademöglichkeit nutzen musste, die es gab.

Ich möchte Dir aber eines ans Herz legen – nutze die verbesserte Loop Version JoJo von Katie DiSimone.
Man kann damit sehr leicht verschiedene Situationen in „Temporary Overrides“ behandeln, wie auch die verschiedenen Periodenphasen. Bei mir sind es eher Radfahren, Fieber oder lange Fußmärsche.
https://github.com/Kdisimone/Loop/wiki

Es gibt dort viele weitere Verbesserungen aus der Community, die sie kombiniert hat, ich nutze die Version seit einigen Wochen und bin begeistert.

Ich persönlich komme mit den Teflonkathetern (Quickset) von Medtronic sehr gut zurecht – aber die müssen mit dem Serter gesetzt werden, nicht manuell, sonst klappt es nicht 🙁

Happy Looping!

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